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Kann man mit Stromheizungen Energie sparen?

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Lesedauer: 5 Minuten
Screenshot: Facebookpost "Energiesparwunder"

Einem Freund von mir wurde pünktlich zum Sommeranfang in seine Timeline bei Facebook eine Anzeige eines Heizungsherstellers eingespült. In dieser Anzeige werden die Stromheizungen der Firma als „Energiewunder“ bezeichnet. Der Hersteller wirbt auf seiner Seite unzählige Male damit, dass seine Heizungen sich durch ein exzellentes Wärmegefühl und extreme Effizienz auszeichneten. Ich erhalte auch regelmäßig Hardwarespam in meinen ohnehin werbeüberlasteten Briefkasten. Der Verbraucherschutz warnt vor solchen Werbeversprechen bei Stromdirektheizungen. Trotzdem scheinen sich diese Geräte zu verkaufen. Kann man damit vielleicht nicht doch Energiesparen?

Heizungswerbung im Sommer?

Jetzt kann man natürlich herzlichst drüber schmunzeln, dass man ausgerechnet während einer Hitzewelle Werbung zum Heizungskauf eingespielt bekommt. Eine neue Heizung dürfte das sein, woran man im ersten Augenblick bei solchen Temperaturen am wenigsten denken würde. Es ist aber so, dass man bei einem Heizungswechsel einige Tage ohne Heizung ausharren muss. Somit macht eine solche Umstellung eigentlich nur im Sommer oder zumindest bei wärmeren Temperaturen Sinn. Eigentlich ist der Sommer daher ein optimaler Moment für einen Heizungsumbau bzw. eine Modernisierung. Trotzdem ist dieser Zeitpunkt natürlich irgendwo lustig für eine derartige Werbung.

Spart eine neue Heizung Energie?

Um die Antwort gleich vorwegzunehmen: NEIN! Grundsätzlich impliziere ich beim Energiesparen, dass tatsächlich weniger Energie benötigt wird. Der Wechsel der Heizung an sich spart somit garantiert keine Energie! Der Energiebedarf für die Beheizung eines Gebäudes ergibt sich aus der Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen und dem Wärmeübergangswiderstand zwischen den beiden Temperaturen. Die Temperatur innen sollte möglichst konstant bei 20 °C bis 22 °C liegen, je nach Wohlfühlfaktor und WAF1externer Link, Wikipedia: Woman acceptance factor, aufgerufen am 5.3.2023. Die Außentemperatur wird durch die Jahreszeit bzw. das Wetter vorgegeben. Je kälter es draußen ist, desto mehr Energie muss aufgewendet werden, um es drinnen behaglich zu haben. Also je kälter, desto mehr heizen. Wenn man nun baulich verhindert, dass Wärme von drinnen nach draußen kommt, muss auch nicht so viel Wärme nachgeführt werden, um die Wohlfühltemperatur zu halten.

Die benötigte Heizenergie wird somit von den Parametern Außentemperatur, Innen- / Wohlfühltemperatur und dem thermischen Übergangswiderstand bestimmt. An der Außentemperatur lässt sich nichts machen, die gibt die Natur vor. Die Innentemperatur ist veränderlich, wenn auch nur in relativ engen Grenzen. Somit wird die Menge an Energie, die zum Heizen aufgebracht werden muss, im Wesentlichen durch den thermischen Übergangswiderstand bestimmt. Je besser die Dämmung des Mauerwerks, desto mehr wird verhindert, dass sich Innen- und Außentemperatur angleichen. Wie dieser Dämmwert erreicht wird, ist der Physik übrigens egal. Man kann hier ein entsprechend dämmendes Mauerwerk verwenden oder eben ein Wärmedämmsystem aufbringen. Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt, es darf auch gerne ökologisch sein und muss sich nicht zwingend Styropor handeln.

Es ist somit vollkommen unerheblich, ob die Wärme für innen mit Holz, Öl, Gas oder auch Strom bereitgestellt wird. Eine Stromheizung spart also keine Energie ein, wie auch jede andere Form der Energiezuführung für das Heizen auch.

Ist eine Stromdirektheizung Effizient?

Bei den besagten Werbungen werden ausschließlich Stromdirektheizungen angepriesen. Bei dieser Art wird eine Heizwendel mit Strom betrieben, so wie man es von herkömmlichen elektrischen Kochplatten kennt. Mit 1 kWh Strom wird auf diese Weise 1 kWh Wärme erzeugt, was einen Wirkungsgrad von 100 % ergibt. Das klingt auf den ersten Blick ziemlich gut und man kann sich kaum vorstellen, dass hier mehr drin ist. Immerhin bedeutet ein Wirkungsgrad von 100 %, dass sämtliche Energie, die man in die Maschine steckt, vollkommen in Wärme umgewandelt wird. Üblicherweise geht ein Teil der in eine Maschine gesteckten Energie bei der Umwandlung in die Zielform „verloren“. Bei einer herkömmlichen Glühbirne werden nur 5 % der zugeführten elektrischen Energie in Licht umgesetzt. Sie besitzt einen Wirkungsgrad von 5 %. Dieses „verloren gehen“ bezeichnet man auch als Verlustleistung. Verlustleistung äußert sich i. d. R. als Wärme; womit erklärbar ist, warum eine Stromdirektheizung keine Verlustleistung hat.

Trotzdem gibt es beim Heizen mit Strom wesentlich effizientere Möglichkeiten. Ich spreche hier von Wärmepumpen. Mit Wärmepumpen ist es möglich, beim Einsatz von 1$kWh elektrischer Energie wesentlich mehr an Wärmeenergie zu erzeugen. Von 4 – 5 kWh Wärme (thermische Energie) pro kWh elektrischer Energie ist hier auf Wikipedia2externer Link, Wikipedia: Wärmepumpe, aufgerufen am 5.3.2023zu lesen. Die Bezeichnung Effizienz in Zusammenhang mit einer Stromdirektheizung zu verwenden, birgt eine gewisse Komik. Soweit ich das sehe, ist dies die ineffizienteste Art, aus Strom Wärme zu erzeugen. Schlechter geht es noch mit Glühlampen, da diese dann lediglich 95 % des Stroms in Wärme umwandelt.

Kann man mit einer Stromdirektheizung wenigstens Geld sparen?

Bringen wir zur Beantwortung dieser Frage wieder ein paar Fakten auf den Tisch. Beim Verbrennen von einem Liter Heizöl wird die Wärmemenge von etwa 10 kWh frei gesetzt. Gleiches gilt für die Verbrennung von 1 m³ Erdgas. Gehen wir ein wenig in den ökologischeren Bereich. Ein Kilogramm Hackschnitzel oder Holzpellets setzt bei der Verbrennung etwa 5 kWh Wärme frei. Mehr Beispiele finden sich in dieser Tabelle3externer Link, SOLAR-PARTNER SÜD GMBH: Dokumentdownload (PDF) – Heizwert Hu von verschiedenen Brennstoffen im Vergleich, aufgerufen am 5.3.2023.

Der Strompreis liegt bei ca. 0,25 € pro kWh. Bei der Stromdirektheizung kostet damit 1 kWh Wärme diese 0,25 €. Nehmen wir für einen Liter Heizöl bzw. einen Kubikmeter Gas einen Preis von 0,55 € an, so kostet die kWh hier ca. 0,06 €. Die Tonne Holzpellets schätzen wir aktuell auf ~250 €, womit sich ein Preis von 0,05 € pro kWh ergibt. Bei der Verwendung einer Wärmepumpe ergibt sich ebenfalls ein Preis von ca. 0,05 € pro kWh Wärme.

Die Preise für Öl, Gas, Holz oder auch Strom schwanken sehr stark. Die Relation untereinander verändert sich jedoch weniger. Für die Betrachtung sei der Anschaffungspreis der einzelnen Heizungsarten erst einmal unerheblich. Die hier dargestellten Preise bzw. Brennwerte sind überall im Netz zu finden. Man sieht hier sehr deutlich, dass die Stromdirektheizung mit etwa 0,25 € pro kWh Wärme mit Abstand die teuerste Möglichkeit der Beheizung ist. Selbst mit Öl oder Gas bezahlt man i. d. R. weniger als die Hälfte. Noch etwas günstiger liegen hier das Holz oder die Wärmepumpe.

Bezieht man die Anschaffungspreise der Anlagen mit ein, so dürfte die Stromdirektheizung hier mit dem niedrigsten Preis punkten. Bedenkt man aber eine Laufzeit von Heizungen von vielleicht 20 Jahren und die mehr oder weniger stetig steigenden Preise für Energie, verliert der Anschaffungspreis an Bedeutung. Wieder muss hier das vollmundige Werbeversprechen von gespartem Geld als Lüge entlarvt werden!

Fazit

Stromdirektheizungen sind, wie ich hier dargelegt habe, weder effizient noch günstig, noch kann damit Energie eingespart werden. Eigentlich sollten diese Tatsachen inzwischen wirklich jedem bekannt sein. Trotzdem wird das Zeug verkauft. Es mag in Einzelfällen durchaus einen Grund geben, für ganz spezielle Einsatzzwecke zu einer solch ineffektiven und teuren Art der Beheizung zu greifen. Trotzdem wird daraus niemals eine effiziente, günstige und ressourcenschonende Art zu heizen, wie es die Hersteller in ihren bunten Schaubildern und Hochglanzprospekten versprechen. Dies sind die physikalischen Fakten.

Die Physik lässt sich nicht bescheißen, der Mensch schon.

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Einzelnachweise
  • 1
    externer Link, Wikipedia: Woman acceptance factor, aufgerufen am 5.3.2023
  • 2
    externer Link, Wikipedia: Wärmepumpe, aufgerufen am 5.3.2023
  • 3
    externer Link, SOLAR-PARTNER SÜD GMBH: Dokumentdownload (PDF) – Heizwert Hu von verschiedenen Brennstoffen im Vergleich, aufgerufen am 5.3.2023

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